Regionalbauernverband Mittweida e.V.
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11.04.2011

Landwirte wütend über unvermindert fortschreitenden Flächenverbrauch

Trotz aller vollmundigen Versprechen der Politik, geht der enorme Verbrauch landwirtschaftlicher Nutzflächen ungebremst weiter. Gerade im dicht besiedelten Raum Chemnitz-Zwickau sind durch zahlreiche Infrastrukturmaßnahmen, wie Autobahnbau, Umgehungsstraßen, Gewerbeansiedlungen und Wohnungsbau in den letzten Jahren enorme Flächenabgänge zu verzeichnen gewesen.

Besonders ärgerlich für die Landwirte sind dabei die zusätzlich zu den Infrastrukturmaßnahmen erforderlichen Ersatz- und Ausgleichsmaßnahmen. Dafür werden immer wieder hochwertige Landwirtschaftsflächen verbraucht. Dabei gibt es in unserer Region mehr als genug Industriebrachen, die entsiegelt und ökologisch aufgewertet werden könnten! Unsere wertvollen Ackerflächen sind dafür viel zu schade!

Seit einigen Jahren bereits gibt es einen Erlass des Sächsischen Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft, der eine vorrangige Prüfung von Entsieglungs- und Abrissmaßnahmen als Möglichkeit für Ersatz- und Ausgleichsmaßnahmen vorschreibt. Auch das neue Bundesnaturschutzgesetz fordert dies. In der Praxis werden beide allerdings nicht wirksam. Nach wie vor werden lieber wertvolle Landwirtschaftsflächen aufgeforstet, als Industriebrachen entsiegelt oder bereits bestehende Biotope vernetzt.

Erst kürzlich wurden an der Autobahn A 4 in der Nähe von Hohenstein ca. 30 Hektar Weizen umgebrochen. Auf dieser Ackerfläche sollen nun Bäume gepflanzt werden. Damit geht wieder einmal ein großes Stück wertvollen Ackerlandes dauerhaft für die menschliche Ernährung verloren.

Täglich gehen in Deutschland 94 Hektar Landwirtschaftsfläche verloren. In Sachsen sind es 8 Hektar pro Tag. Bundesweit sind in den letzen 20 Jahren ca. 782.000 Hektar dauerhaft der landwirtschaftlichen Nutzung entzogen worden. Im Jahr 2009 betrug die Landwirtschaftlich genutzte Fläche (LF) Sachsen nur noch 915.000 Hektar. Wenn der Flächenverbrauch so weiter geht wie bisher, dauert es noch etwa 4 Jahre und der bundesweite Flächenverlust erreicht die Größe der gesamten LF des Freistates Sachsen. Im Landkreis Zwickau sind seit 1991 ca. 10.000 Hektar LF verloren gegangen.

Aktuell stehen damit in Deutschland nur noch ca. 0,20 Hektar für die Ernährung eines Menschen zur Verfügung (16.890.000 Hektar LF für 82.000.000 Menschen). Das bedeutet, dass mit dem Verlust der 782.000 Hektar in den letzten 20 Jahren auch die Ernährungsgrundlage für ca. 3,9 Millionen Menschen verloren gegangen ist. Das Produktionspotenzial dieser Flächen beträgt - bei einem Durchschnittsertrag von ca. 70 Dezitonnen Getreide pro Hektar - rund 5,5 Millionen Tonnen Getreide pro Jahr und damit über 11 % einer durchschnittlichen jährlichen Getreideernte in Deutschland.

Unser landwirtschaftlicher Boden ist die entscheidende, unvermehrbare und unverzichtbare Produktionsgrundlage für die Land- und Forstwirtschaft. Deshalb brauchen wir dringend gesetzliche Regelungen zum Schutz unserer Landwirtschaftsflächen die auch in der Praxis angewendet werden!

Wenn der politische Wille vorhanden ist, sind Änderungen sehr schnell möglich. Das zeigte sich beispielsweise bei dem kürzlich vollzogen Sinneswandel der Politik bei der Kernkraft. Die erst vor nicht allzu langer Zeit beschlossene Verlängerung der Laufzeit der Kernkraftwerke wurde unter dem Einfluss der dramatischen Ereignisse von Fukushima innerhalb weniger Tage wieder zurückgenommen. Eine ähnliche Entscheidungsfreude bezüglich eines sofortigen Stopps des Flächenverbrauchs für Ersatz- und Ausgleichsmaßnahmen würden wir Landwirte sehr begrüßen.

Um wirksamer für unsere Flächen kämpfen zu können müssen wir zwingend anerkannter Träger öffentlicher Belange werden. Es ist doch nicht nachvollziehbar, dass der Interessenvertreter derjenigen, die das Land für Infrastrukturmaßnahmen zur Verfügung stellen müssen, häufig nicht in die Planung und Genehmigung der Maßnahmen einbezogen wird, während Naturschutzverbände und ähnliche Organisationen über das Eigentum Anderer mitentscheiden!



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