Regionalbauernverband Mittweida e.V.
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01.04.2015

Bundestag beschließt Kinderhaltungsverordnung

In seiner letzten Sitzung vor den Osterferien hat der Bundestag vergangenen Freitag mit den Stimmen der Koalition die ”Kinderhaltungsverordnung (KindHaltV)“ beschlossen. Mit dieser Verordnung, ist es endlich möglich, seit Jahren bestehende Missstände zu beseitigen, so ein Sprecher des Bundessozialministeriums. Kritik kam von der Opposition, der die Verordnung nicht weit genug geht.

Die neue Verordnung regelt Rechte und Pflichten von Eltern (nachfolgend Erziehende genannt) beim Umgang mit ihren Kindern (nachfolgend Heranwachsende genannt).

Die Verordnung enthält unter anderem zahlreiche Regelungen zu baulichen Anforderungen und Mindestausstattungen von Kinderzimmern. So müssen Bauweise, Material, Zustand und technische Ausstattung gewährleisten, dass Gesundheitsschäden und Verhaltensstörungen bei Heranwachsenden vermieden werden. Die verfügbare Zimmerfläche für Heranwachsende muss ab vollendetem 6. Lebensjahr mindestens 10 m2 je Heranwachsenden betragen. Dabei soll die Länge der kürzesten Seite des Kinderzimmers mindestens das Doppelte der Körpergröße des Heranwachsenden betragen. Die durchschnittliche Deckenhöhe sollte 2 m nicht unterschreiten. Die Fensterfläche muss mindestens 5% der Zimmergrundfläche betragen. Die Fenster müssen zu öffnen sein. Erziehende haben dafür Sorge zu tragen, dass die Kinderzimmer regelmäßig gelüftet werden. Die Schadgaskonzentration im Kinderzimmer darf bei Kohlendioxid 3.000 cm3 je m3 Luft, bei Ammoniak 20 cm3 je m3 Luft und bei Schwefelwasserstoff 5 cm3 je m3 Luft nicht überschreiten. Eine Beleuchtungsstärke von mindestens 80 Lux (entspricht bedecktem Himmel) muss für mindestens 10 Stunden täglich sichergestellt sein. Nachts muss eine Orientierungsbeleuchtung vorhanden sein. Die Zimmertemperatur darf 18 Grad Celsius nicht unterschreiten und 25 Grad Celsius nicht überschreiten. Die relative Luftfeuchtigkeit sollte zwischen 60 und 80% liegen. Erziehende sind verpflichtet, 2 Mal täglich im Abstand von mindestens 10 Stunden das Raumklima zu kontrollieren. Die Ergebnisse der Kontrollen sind zu dokumentieren.

Jedem Heranwachsenden hat eine eigene Schlafstätte zur Verfügung zu stehen. Diese muss so beschaffen sein, dass der Heranwachsende ungehindert liegen, aufstehen, sich hinlegen und eine natürliche Körperhaltung einnehmen kann. Die Härte der Matratze ist dem jeweiligen Gewicht des Heranwachsenden anzupassen und ein geeigneter Lattenrost zu verwenden. Die Lattenbreite sollte mindestens 5 cm betragen und der Lattenabstand des Lattenrostes 2 cm nicht überschreiten. 2% Toleranz sind zulässig.

Heranwachsenden muss kindgerechtes Beschäftigungsmaterial permanent verfügbar sein. Für Heranwachsende ab vollendetem 10. Lebensjahr sollte das Beschäftigungsmaterial altersgerecht sein (Smartphone, Spielekonsole, PC oder Laptop, schneller Internetzugang mit mind. 16.000 kB/s).

Erziehende haben dafür Sorge zu tragen, dass die Heranwachsenden mindestens 1 Stunde täglich Bewegung an frischer Luft erhalten. Dabei muss Sicht- und Berührungskontakt mit anderen, möglichst gleichaltrigen, Heranwachsenden möglich sein.

Für die Nahrungsaufnahme muss jedem Heranwachsenden ein eigener Essplatz zur Verfügung stehen. Der Essplatz muss so beschaffen sein, das dem Heranwachsenden die Nahrungsaufnahme in natürlicher Körperhaltung möglich ist. Die mit der Nahrungsmittelbeschaffung, Nahrungsmittelzubereitung und Nahrungsmittelzuteilung betrauten Personen, müssen über die hierfür notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen. Erziehende haben für eine kindgerechte und gesunde Ernährung der Heranwachsenden Sorge zu tragen. Nachweise über die Art und Herkunft der eingesetzten Nahrungsmittel sind sorgfältig aufzubewahren.

Nicht-kurative Eingriffe wie Ohrringlöcher stechen, Piercen, Tätowieren etc. sind bei Heranwachsenden unter 18 Jahren strengstens untersagt.

Hinweise auf mögliches Fehlverhalten des Heranwachsenden dürfen durch den Erziehenden nur mit einer maximalen Lautstärke von 60 dB(A) vorgenommen werden. Eine einmalige 10%ige Überschreitung des Grenzwertes für die Dauer von maximal einer Minute ist zulässig. Der Schalldruckpegel ist in Abhängigkeit von der Verfehlung so weit zu reduzieren, dass keine Beeinträchtigung der Gesundheit des Heranwachsenden entsteht. Die Gesamtdauer von Belehrungen sollte 10 min je Tag nicht überschreiten.

Bei auftretenden Erkrankungen ist der Heranwachsende unverzüglich einer ärztlichen Begutachtung zuzuführen. Eventuelle Medikamentengaben sind nach dem Gesetz über den Verkehr mit Arzneimitteln (Arzneimittelgesetz) durch den Erziehenden in einem Arzneibuch zu dokumentieren. Die Anwendung antimikrobiell wirksamer Substanzen (Antibiotika) ist zusätzlich in die zentrale Antibiotika-Datenbank des Bundes zu melden. Die Anzeige hat unter Angabe des Medikamentes, der Zulassungsnummer, des Verabreichungsdatums, der verabreichten Medikamentenmenge je Heranwachsenden und Tag und der Gesamtanwendungsmenge schriftlich oder direkt elektronisch zu erfolgen. Für die Meldung benötigen Erziehende eine Registriernummer. Unvollständige oder verspätete Meldungen werden sanktioniert.

Ziel der Erfassung ist es, Vielverbraucher zu ermitteln, d.h. Erziehende, deren Heranwachsende wesentlich häufiger Antibiotika verabreicht bekommen, als andere Heranwachsende. Sofern der Heranwachsende mit seiner Therapiehäufigkeit über dem dritten Quartil liegt, d.h. zu den 25% Schlechtesten gehört, muss der Erziehende innerhalb von vier Monaten nach Veröffentlichung der bundesweiten Kennzahlen zu den Therapiehäufigkeiten im Bundesanzeiger in Zusammenarbeit mit dem Hausarzt einen schriftlichen Maßnahmenplan zur Senkung des Antibiotikaeinsatzes erarbeiten und diesen der zuständigen Überwachungsbehörde vorlegen. Die Behörde prüft den Plan und kann ggf. Änderungen anordnen und weitere Maßnahmen zur Verbesserung der Hygiene, der Gesundheitsvorsorge oder der Haltungsbedingungen verlangen.

Erziehende müssen über die erforderliche Sachkunde verfügen. Der Nachweis der vorhandenen Kenntnisse und Fertigkeiten kann durch Ablegen einer Prüfung (Sachkundeprüfung) nachgewiesen werden, wenn keine entsprechenden Qualifikationen wie z.B. bestimmte Berufsabschlüsse (Erzieher, Lehrer, Soziologe oder Psychologe) vorliegen. Sachkundige Personen sind verpflichtet, jeweils innerhalb eines Zeitraumes von 3 Jahren an einer Fort- und Weiterbildung zur Sachkunde teilzunehmen. Für Personen, die bei Inkrafttreten des Gesetzes sachkundig gewesen sind, beginnt der Dreijahreszeitraum am 01.01.2016. Sachkundige erhalten auf Antrag eine Sachkundenachweiskarte. Diese ist in dem Bundesland zu beantragen, in dem der Hauptwohnsitz des Antragstellers liegt. Die Sachkundenachweiskarte ist ständig bei sich zu führen und bei Kontrollen auf Verlangen der zuständigen Behörde vorzulegen.

Die Einhaltung der in der Verordnung angeführten Kriterien und Anforderungen ist laufend zu prüfen und zu dokumentieren. Die Aufzeichnungen sind 3 Jahre lang aufzubewahren und der zuständigen Behörde auf Verlangen zur Einsichtnahme vorzulegen. Als eine weitergehende Arbeitshilfe zur Eigenkontrolle und Dokumentation kann eine Checkliste des Bundessozialministeriums vom Erziehenden verwendet werde. Diese Checkliste ist eine Eigenkontrollhilfe und ersetzt nicht die amtlichen Kontrollen.

Die Verordnung tritt am 01.04.2015 in Kraft. Mit ersten Kontrollen ist nach Auskunft des Bundessozialministeriums ab Juni zu rechnen. Kontrollen erfolgen unangekündigt.

Leichte Verstöße werden mit einer 10%igen Kürzung und mittlere Verstöße mit einer 30%igen Kürzung des Kindergeldes geahndet. Bei schweren Verstößen und bei Vorsatz können sowohl das Kindergeld als auch alle weiteren staatlichen Transferleistungen bis zu 100% gekürzt werden. Die Einschätzung ob ein leichter, mittlerer oder schwerer Verstoß bzw. Vorsatz vorliegen, obliegt der prüfenden Behörde. Wird eine Kontrolle nicht zugelassen, werden nur unvollständige Unterlagen vorgelegt oder ist keine Person bei der Kontrolle anwesend, die hinreichend Auskunft erteilen kann, wird dies als Vorsatz gewertet und es erfolgt eine 100%ige Kürzung aller staatlichen Transferleistungen.


Wenn sie nun denken, das kann doch wohl nicht wahr sein, dann haben sie natürlich vollkommen recht (bitte Einstelldatum beachten!). So eine Verordnung würde die Bundesregierung Eltern niemals zumuten.

Landwirten werden die angeführten Anforderungen und Pflichten allerdings bekannt vorkommen. Sie müssen vergleichbare Vorschriften bei der Haltung ihrer Tiere schon seit vielen Jahren einhalten!



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